Heidelberger Pflegende und Studierende betreuen Patienten in häuslicher Quarantäne
Fieber, Atemnot und starke Schmerzen – viele COVID-19-Patienten müssen aufgrund schwerer Symptome stationär behandelt werden. Ein Großteil der ca. 1.300 Betroffenen, die bis Juni 2020 im Rhein-Neckar-Kreis und Stadtgebiet Heidelberg am Corona-Virus erkrankten, kurierte die Erkrankung jedoch in den eigenen vier Wänden aus. Dafür war ein am Universitätsklinikum Heidelberg entwickeltes interprofessionelles Projekt maßgeblich verantwortlich: Während ihrer häuslichen Quarantäne werden die Patienten engmaschig durch Ärzte, Pflegende und Medizinstudierende des UKHD betreut. Möglich machten dies ein eigens eingerichtetes Callcenter am Klinikum und das Heidelberger „Corona-Taxi“. Die Initiative für das Projekt, das von Mitarbeitern des Pflegedienstes und Medizinstudierenden getragen wird, ging vom UKHD aus und wurde Anfang März in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und der Koordinierungsstelle des Rhein-Neckar-Kreises umgesetzt.
„Corona-Callcenter“ kontaktieren alle positiv Getesteten in Stadt und Kreis
Alle Patienten, die in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis positiv getestet wurden, werden durch das Gesundheitsamt registriert und dem „Corona-Callcenter“ am UKHD tagesaktuell mitgeteilt. Die höhersemestrigen Studierenden und PJler kontaktieren alle positiv Getesteten und befragen sie nach ihren Symptomen und dem Gesundheitszustand. Die Callcenter-Teams rufen danach weiterhin alle zwei bis drei Tage bei den Patienten an und erheben in einer strukturierten Befragung die aktuelle Symptomatik. Patienten, die subjektiv nur milde erkrankt sind und nach fünf Tagen kein relevantes Fieber haben, können sich „abmelden“. Zeigen Patienten stärkere Symptome oder klagen über Atemnot und Probleme mit der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, besprechen die Call-Center dies mit der medizinischen Leitung, Dr. Theresa Hippchen und Prof. Dr. Uta Merle, komm. Ärztliche Direktorin der Klinik für Gastroenterologie, Infektionen und Vergiftungen. Sehen die Ärztinnen medizinischen Betreuungsbedarf, werden die Patienten vom Corona-Taxi besucht.
Patienten mit stärkeren Symptomen erhalten Besuch vom „Corona-Taxi“
Wird ein Hausbesuch erforderlich, starten die Klinik-Teams nach einer morgendlichen Besprechung in Kleinbussen, den so genannten „Corona-Taxis“, zu ihren Einsätzen. Pro Fahrzeug sind mindestens zwei Pflegende oder Medizinstudierende im Einsatz. Vor Ort führen die Teams je nach Symptomatik Blutdruckmessung, Pulsoxymetrie und Blutabnahme oder auch weiterführende Untersuchungen durch. Die Labordiagnostik erfolgt zentral am UKHD.
Durch die telefonische und aktive Beobachtung der COVID-19-Patienten und eine frühzeitige Initiierung einer stationären Therapie im Falle einer Verschlechterung konnte in vielen Fällen ein schwerer Verlauf verhindert werden. „Ab dem siebten Tag der Erkrankung kann es zu einer klinischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen. Patienten in häuslicher Quarantäne scheuen sich jedoch häufig davor, sich ins Krankenhaus einweisen zu lassen, wenn es ihnen schlechter geht, so dass der Kontakt mit den Corona-Teams half, eine notwendige stationäre Aufnahme frühzeitig einzuleiten“, berichtet Prof. Dr. Uta Merle. Bei etwa drei Prozent der Patienten stellte sich bereits beim Anruf durch die Callcenter-Teams heraus, dass sie stationär aufgenommen werden mussten.
„Die Patienten berichten, dass ihnen der Kontakt zu den Pflegenden und Studierenden während ihrer Isolation psychisch sehr zugute kommt.“
Inga Unger, Pflegedienstleitung der Medizinischen Klinik
„Die Studierenden haben durch ihren freiwilligen Einsatz die Pflegekräfte am UKHD, die in der stationären Versorgung der Patienten benötigt wurden, spürbar entlastet. Die Patienten berichten darüber hinaus, dass ihnen der Kontakt zu den Pflegenden und Studierenden während ihrer Isolation psychisch sehr zugute kommt“, ergänzt Inga Unger, Pflegedienstleitung der Medizinischen Klinik, die die Touren der Taxis mit ihrer Kollegin Alexandra Noll plant und die Einsätze in allen Belangen betreut.
Weltweites Interesse am Projekt
Das beispielhafte Projekt wurde in kürzester Zeit organisiert und stieß weltweit auf Aufmerksamkeit. So berichteten die New York Times ebenso wie viele überregionale deutsche, skandinavische oder australische Medien über den ungewöhnlichen Einsatz der Heidelberger Corona-Taxis. Unabhängig davon stellen das Projekt und das große Engagement aller Beteiligten unter schwierigsten Bedingungen vor allem für die Patienten zu Hause einen unschätzbaren Gewinn dar.
Angelika Mikus
Interprofessionelles Projekt: „Corona-Callcenter“ und „Corona-Taxi“ am UKHD
- Optimale ambulante Versorgung der Covid19-Patienten im Rhein-Neckar-Kreis
- Unterstützung der Pflegenden und Ärzte am UKHD
- Gute Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und der Koordinierungsstelle des Rhein-Neckar-Kreises
- Corona-Callcenter: rund 3.000 Telefonate (seit 17. März bis 17. Juni 2020)
- Corona-Taxi: rund 500 ambulante Besuche (seit 17. März bis 17. Juni 2020)
- Sehr positives Feedback der Betroffenen