Brückenpflege-Team am Klinikum feierte Jubiläum
Am 1. Oktober feierte das Brückenpflege-Team am Universitätsklinikum Heidelberg sein 25-jähriges Jubiläum. Auch für Hildegund Dahlhaus und Adelheid Kumler war das ein besonderer Tag – denn sie sind schon von Anfang an mit dabei. Der KlinikTicker hat sich mit den Beiden unterhalten.
Welche Aufgabe hat die Brückenpflege?
Wir kümmern uns um die verbesserte Überleitung schwerstkranker Tumorpatienten aus dem Klinikum in die gewohnte häusliche Umgebung. Das ist für den Patienten und seine Angehörigen zunächst einmal eine schwer überschaubare Situation voller Unsicherheiten und Ängste. Wir versuchen frühzeitig, also noch im Krankenhaus, den Patienten und ihren Familien diese Ängste zu nehmen, indem wir darüber aufklären, welche vielfältigen finanziellen und pflegerischen Hilfsangebote zur Verfügung stehen. Wir beraten die Betroffenen eingehend und erarbeiten gemeinsam mit ihnen und dem Stationspersonal ein individuell abgestimmtes Konzept für die häusliche Pflege und leiten alle anstehenden Maßnahmen in die Wege. So ist alles vorbereitet, wenn der Patient nach Hause kommt. Nach der Entlassung können sich die Patienten und ihre Angehörigen jederzeit bei Fragen und Problemen melden. So können oftmals eine stationäre Wiederaufnahme vermieden und pflegerische Fragen gelöst werden; Ängsten und Unsicherheiten der Betroffenen wird positiv entgegengewirkt.
Wie kann man sich Ihre Tätigkeit konkret vorstellen?
Wichtige Ansprechpartner auf den Stationen sind u. a. Mitarbeiter der Pflege, von Sozialdienst und Physiotherapie sowie der Ärzteschaft. In Beratungsgesprächen mit dem Patienten und seinen Angehörigen ermitteln wir die pflegerischen Ressourcen der jeweiligen Familien. Aus allen Informationen ergibt sich dann der Bedarf für die Grund- und Behandlungspflege des Patienten. Wir stellen bei der Kranken- oder Pflegekasse einen Antrag für Pflegegeld und organisieren Hilfsmittel wie z. B. Pflegebett, Rollstuhl oder Sauerstoff. Meistens ist nach der Entlassung die Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst oder eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung notwendig. Mit diesen besprechen wir bereits im Vorfeld der Verlegung die oftmals sehr speziellen pflegerischen Maßnahmen. Dazu gehören aufwändige Wundverbände, die Versorgung von Tracheostoma, künstlichen Darmausgängen und Drainagen, die Betreuung bei unterschiedlichen Formen künstlicher Ernährung, eine intensivierte Insulintherapie und natürlich die Versorgung mit einer Schmerzpumpe.
„Wir erfüllen den Wunsch vieler Tumorpatienten, ihre letzte Lebenszeit gut versorgt und kompetent betreut zu Hause verbringen zu können.“
Was waren die wichtigsten Veränderungen in den letzten 25 Jahren?
Die Patienten sind komplexer erkrankt und werden frühzeitiger aus dem Klinikum nach Hause entlassen. Die Fortschritte in der Medizin mit den aufwändigeren Operationstechniken und den daraus resultierenden Behandlungen erhöhen stark die pflegerische Gesamtsituation der Patienten. Die administrativen Abläufe, um verschiedene Hilfsmittel zu erhalten bzw. Anträge zu stellen, sind ebenfalls umfangreicher geworden, genau wie die aufwändige Dokumentation im internen Computersystem. Eine wichtige Änderung war auch die Einführung der Pflegeversicherung 1995 sowie deren Reformation – Stichwort Pflegestärkungsgesetz 2 – zum 1. Januar 2017.
Seit 2014 gibt es mit „SAPHIR“ eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) am Klinikum. Ist das keine Konkurrenz für Ihre Arbeit?
Nein, im Gegenteil, beide Teams sind wichtige Koordinationsstellen am Klinikum und ergänzen sich hervorragend. Die Mitarbeiterinnen der Brückenpflege haben sogar beim Aufbau von „SAPHIR“ mitgewirkt. Daraus hat sich ergeben, dass mit Sabine Giesel eine Kollegin von uns zum Palliativteam gewechselt ist. Davon profitieren beide Einrichtungen, schließlich haben wir die gleichen Ziele. Gemeinsam erfüllen wir den Wunsch vieler Tumorpatienten, ihre letzte Lebenszeit gut versorgt und kompetent betreut zu Hause verbringen zu können.
Welche Kontakte sind noch notwendig?
Wir haben in den letzten 25 Jahren ein sehr gutes Netz zu den Ansprechpartnern außerhalb des Klinikums aufgebaut, dazu gehören die Hausärzte, die Kollegen von den Sozialstationen und den ambulanten Pflegediensten, die ambulante Hospizhilfe und die SAPV-Teams. Ebenso die Mitarbeiter der Krankenkassen, die Fachberater der Sanitätshäuser und die Mitarbeiter der Homecarefirmen, die für den jeweiligen Patienten zuständig sind. Solche Netzwerke sind unabdingbar, damit die Versorgung zu Hause gelingt.

Das Team der Brückenpflege im Jubiläumsjahr (v. l.): Lena Grothmann, Adelheid Kumler, Hildegund Dahlhaus und Ilse Rasche.
>> Hintergrund: Brückenpflege am UKHD
Mitarbeiterinnen: Hildegund Dahlhaus, Adelheid Kumler, Lena Grothmann, Ilse Rasche
Qualifikation: Alle Mitarbeiterinnen verfügen z. T. über mehrere Zusatzqualifikationen wie Fachkrankenpflegerin für Onkologie, für Intensivpflege und Anästhesie, für Palliativ- und Hospizpflege oder als Pain Nurse
Adresse: Im Neuenheimer Feld 305, 69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 6331
Bürozeiten: Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr
Ziele:
- Verbesserung der Überleitung für schwerstkranke Tumorpatienten aus dem stationären Bereich in die gewohnte häusliche Umgebung
- Frühzeitige geplante Entlassung
- Koordinierte Zusammenarbeit mit ambulanten Pflegediensten
- Stärkung der Motivation pflegender Angehöriger durch psychosoziale und fachkompetente Beratung
- Verkürzung der Krankenhaustage
- Kontakt zwischen Klinik und Zuhause
- Vermeidung der stationären Wiederaufnahme
- Respektierung der Würde und Selbstbestimmung des Patienten
>> Entstehungsgeschichte der Brückenpflege
Ursprung und Grundgedanke der Brückenpflege entstand aus der langjährigen Hospizarbeit in England. In den 80er Jahren reisten Führungskräfte aus dem Sozialbereich Baden-Württembergs nach London, um die Prinzipien der dortigen Arbeit kennen zu lernen. Resultat dieser Reise waren Überlegungen, wie die Verbindung zwischen klinischem und häuslichem Bereich, besonders bei Schwerkranken, verbessert werden könnte. Im Februar 1989 wurde ein Antrag zur Finanzierung eines Modells zur Verbesserung der ambulanten, pflegerischen und medizinischen Versorgung schwerkranker Tumorpatienten in ihrem häuslichen Bereich beim Krebsverband Baden-Württembergs gestellt. Von 1990 bis 1993 wurden die Tätigkeiten der Brückenschwestern modellhaft an einigen Krankenhäusern erprobt und evaluiert. Die Ergebnisse dieser Erprobungsphasen führten zur Etablierung als Regelangebot an den onkologischen Schwerpunkt-Krankenhäusern und Tumorzentren des Landes Baden-Württembergs. Zunächst wurden insgesamt 50 Stellen für die Brückenpflegetätigkeit bewilligt. Das Heidelberger Brückenpflegeteam startete am 1. Oktober 1994 mit drei Krankenschwestern.