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Fit für die Kinderkrankenpflege

7. Mai 2019

Ausbildungskonzept der ersten pädiatrischen Lehrstation am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin bewährt sich

Annika Becher ist immer noch begeistert. Die angehende Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin war eine der Ersten, die in ihrer Ausbildung auf der neuen Lehrstation in der Kinderklinik eingesetzt war. „Das selbstständige Arbeiten hat mich in meiner Berufswahl bestärkt und viel selbstbewusster gemacht. Man wird wie eine examinierte Pflegekraft behandelt, und das motiviert ungemein!“, freute sich Annika Becher nach ihrem Einsatz. Keine Frage: HEIPPAS, die „Heidelberger pädiatrische praxisorientierte Ausbildungseinheit“ in der Neurologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin, ist gut angelaufen.

Nicht nur die Auszubildenden der Kinderkrankenpflege, die bereits auf HEIPPAS im Einsatz waren, loben das neuartige Konzept. Auch das Ärzte- und Pflegeteam, das Lehrerteam an der Akademie für Gesundheitsberufe und die Praxisanleiterinnen ziehen nach knapp einem Jahr eine sehr positive Bilanz. So auch Sabrina Paulsen, examinierte Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin und Praxisanleiterin: „Besonders wertvoll ist die zusätzliche Zeit, die wir für die Anleitung der Schülerinnen und Schüler haben.“ Auf HEIPPAS begleiten sie und ihre Kolleginnen pro Schicht jeweils zwei Auszubildende und sind in dieser Zeit nicht in die normalen Stationsabläufe eingebunden. „So können wir auch aufkommende Fragen in Ruhe beantworten. Laufen die Auszubildenden im normalen Stationsbetrieb mit, fehlt dafür oft die Zeit“, erklärt sie.

Interprofessionelles Lernen für den späteren Berufsalltag

HEIPPAS ist die erste pädiatrische Lehrstation am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg.

HEIPPAS soll nicht nur die Ausbildung in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege am Klinikum attraktiver, sondern die Auszubildenden fit für die in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegenen Anforderungen in der Krankenpflege machen. Drei Wochen lang betreuen die Schülerinnen und Schüler – intensiv begleitet von ihren Praxisanleiterinnen – jeweils zu zweit vier „eigene“ Patienten. Zu den Aufgaben gehören nicht nur die Umsetzung der Krankenpflege, sondern auch die Organisation von Terminen, die Planung von Pflegemaßnahmen und die Kommunikation mit den Ärzten. Sie lernen dabei für ihren späteren Berufsalltag vor allem eines: Sicherheit im Umgang mit den Patienten, deren Eltern und den Kollegen im interprofessionellen Behandlungsteam.

„Man wird wie eine examinierte Pflegekraft behandelt, und das motiviert ungemein!“

Annika Becher, Auszubildende Gesundheits- und Kinderkrankenpflege

Die Ausbildungseinheit umfasst zwei Zimmer der neurologischen Station, deren Patienten von Montag bis Freitag in den Früh- und Spätschichten von Auszubildenden und ihren Praxisanleiterinnen betreut werden. In der Nacht sowie an Wochenenden übernimmt das Stationsteam. Die Patienten jeder Altersklasse vom Neugeborenen bis zum jungen Erwachsenen werden von einem interprofessionellen Team umfassend versorgt. Neben Ärzten und speziell geschulten Pflegekräften sind dies je nach Bedarf Psychologen, Sozialarbeiter, Ergotherapeuten, Diätassistenten, Physiotherapeuten, Erzieher, Musiktherapeuten und Kliniklehrer. „Kommunikation auf Augenhöhe und interprofessionelle Zusammenarbeit werden bei uns gelebt und liegen uns besonders am Herzen. Auch das können die Auszubildenden von ihrem Aufenthalt hier mitnehmen“, findet Sabrina Paulsen.

Patienten werden je nach Ausbildungsstand gewählt

Der Einsatz auf HEIPPAS eignet sich für Schülerinnen und Schüler aller Lehrjahre, denn die Patienten können je nach Ausbildungsstand ausgewählt werden. Das Behandlungsspektrum reicht von leichten Gehirnerschütterungen über Epilepsie und Lähmungen bis hin zu Schädel-Hirn-Verletzungen und degenerativen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems. „Vor allem Auszubildende im letzten Lehrjahr haben die Möglichkeit, sich in geschütztem Rahmen in die komplexe Pflege von schwerst-mehrfach-behinderten Kindern einzuarbeiten sowie Erfahrungen in der Versorgung vor und nach einer Operation zu sammeln“, so Sabrina Paulsen. Neben der Praxis steht zudem täglich Theorie auf dem Programm: Es werden Krankheitsbilder besprochen oder „Trockenübungen“ verschiedener Pflegemaßnahmen an Dummys durchgeführt. Am Ende jeder Schicht steht die Reflexionsrunde, in der offen besprochen wird, was neu war, was gut lief und mit was sich die Auszubildenden vielleicht überfordert fühlten.

„Besonders wertvoll ist die zusätzliche Zeit, die wir auf HEIPPAS für die Anleitung der Schülerinnen und Schüler haben.“

Sabrina Paulsen, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin und Praxisanleiterin

Zu sehen, was man bereits eigenverantwortlich kann, stärke zudem das Selbstvertrauen, findet Annika Becher: „Man bekommt viel positive Resonanz, wird z. B. bei den Visiten mit einbezogen. Das bestätigt ungemein und man kommt viel leichter mit den Ärzten und anderen Berufsgruppen ins Gespräch“, berichtet sie von ihren Erfahrungen. „Auch wir examinierten Pflegekräfte profitieren“, ergänzt Paulsen: „Durch die Schüler lernen wir immer wieder etwas Neues dazu, lassen uns gerne anregen – es ist ein gemeinsames Lernen am Patienten. Und durch die Lehrstation wird das Pflegeteam auf der restlichen Station entlastet.“ Das Konzept überzeugte zudem die Jury des Heidelberger Pflegepreises: Im September 2018 wurde HEIPPAS unter 16 eingereichten Projekten mit dem zweiten Platz ausgezeichnet. Tina Bergmann

 

Bildzeile Titelbild oben: Judith Söller, Gesundheits- und Kinderkrankenschwester in der Kinderklinik und HEIPPAS-Projektverantwortliche (re.), zusammen mit der Auszubildenden Wiebke Mangold bei der Versorgung einer kleinen Patientin.

 

Hintergrund „Ausbildung in Gesundheits- und Kinderkrankenpflege“:

  • Die Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeschule der Akademie für Gesundheitsberufe (AfG) verfügt über 140 Ausbildungsplätze in sechs Kursen.
  • Ausbildungsbeginn ist jeweils zum 1. April und 1. Oktober jeden Jahres. Pro Kurs können derzeit bis zu 27 Schülerinnen und Schüler aufgenommen werden.
  • Die Auszubildenden absolvieren ihre praktische Ausbildung (insgesamt rund 1.650 Stunden) weitestgehend am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin.
  • Ihre Betreuung in der Kinderklinik liegt in den Händen von vier hauptamtlichen, freigestellten Praxisanleiterinnen sowie 27 weiteren Pflegekräften mit entsprechender Zusatzqualifikation, die die Auszubildenden während ihrer regulären Arbeit auf Station betreuen.
  • Im Jahresdurchschnitt sind zwischen 50 und 80 Auszubildende pro Woche in der Kinderklinik im Einsatz – pro Jahr macht das eine Gesamteinsatzzeit von 115.000 Stunden.
  • Absolventen wird die Übernahme garantiert.
  • Abiturienten können parallel zur Ausbildung in Gesundheits- und Kinderkrankenpflege an der Medizinischen Fakultät Heidelberg den ausbildungsintegrierten Studiengang „Interprofessionelle Gesundheitsversorgung (B.Sc.)“ absolvieren.
  • Die AfG bietet darüber hinaus examinierten Pflegekräften zahlreiche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, darunter z. B. die zweijährige, berufsbegleitende und staatlich anerkannte Weiterbildung „Pädiatrische Intensivpflege“.

 

Die angehende Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Annika Becher (re.) mit einer Mitschülerin und Praxisanleiterin Maraike Ebel (li.) bei der gemeinsamen Reflexionsrunde, die nach jeder Schicht auf HEIPPAS durchgeführt wird.

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