Wie Dozenten und Studierende der Medizinischen Fakultät Heidelberg gemeinsam die Lehre gestalten
Seit 2001 ist das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) Grundlage für die Ausbildung der Medizinstudierenden an der Medizinischen Fakultät Heidelberg. Derzeit arbeitet das Studiendekanat intensiv an einer Weiterentwicklung: Ab dem fünften Semester sollen Wahlpflichttracks die bisherigen klinischen Wahlfächer ersetzen und eine Vertiefung des gewählten Themenbereichs über den standardisierten Lehrstoff hinaus ermöglichen. Die ersten Tracks sollen als Pilotprojekt bereits ab dem Wintersemester 2017/2018 angeboten werden, ab dem Wintersemester 2019/2020 sollen die bisherigen Wahlfächer komplett ersetzt sein.
Derzeit besteht das Hauptstudium, der sogenannte klinische Studienabschnitt, aus fünf Themenblöcken, in denen die Inhalte vorgegeben sind: Fächer wie Innere Medizin, Chirurgie und Orthopädie, Pädiatrie, Schmerz- oder Palliativmedizin müssen von den Studierenden belegt und erfolgreich abgeschlossen werden. Daran wird sich auch in der Zukunft nichts ändern. Zusätzlich zu den Pflichtveranstaltungen gibt es rund 30 Wahlfächer, die frei wählbar sind. Dazu gehören verschiedene Themen von der angewandten Arzneimitteltherapie über die medizinische Versorgung von Flüchtlingen bis zur Raucherprävention.
Große Vielfalt an Themen und Lehrmethoden denkbar
Die zukünftigen Wahlpflichttracks – sie sollen fächerübergreifend sein und praktische und theoretische Inhalte kombinieren – gehen weit über die bisherigen Wahlfächer hinaus: Die Vermittlung des Lehrinhalts erfolgt nicht mehr nur in einem Seminar, sondern in verschiedenen Veranstaltungen, die sich auf mindestens drei Semester verteilen. Aktuell entwickeln Dozenten und Studierende gemeinsam, welche Themen in den „Tracks“ behandelt werden sollen und welche Lehrformen dafür am besten geeignet sind. Vieles ist hier denkbar, neben klassischen Vorlesungen und Seminaren sind z.B. auch klinische Übungen, Laborpraktika, Wochenendkurse oder Online-Elemente vorstellbar.
„Je breiter die Angebote gefächert sind, desto mehr ist für jeden einzelnen dabei.“
Studiendekan Professor Dr. Andreas Draguhn erhofft sich zehn bis zwölf „Tracks“ mit jeweils sieben bis acht verschiedenen Lehrveranstaltungen. „Damit die Tracks lebendig und erfolgreich werden, brauchen wir spannende, wissenschaftlich und klinisch relevante Veranstaltungen“, so Draguhn. Thematische Vorgaben gibt es nicht. „Je breiter die Angebote gefächert sind, desto mehr ist für jeden einzelnen dabei.“
Vorstellbar ist darüber hinaus die Zusammenführung und der Ausbau bereits bestehender Angebote wie der rund 30 Wahlfächer oder der fächerübergreifenden Verbünde, der so genannten Sozietäten. Letztere erlauben bereits jetzt eine freiwillige fachliche Vertiefung z.B. in den Bereichen Multidisziplinäre Onkologie, Immunologie, oder Global Health. „Sie kommen dem gewünschten Profil schon recht nahe“, so PD Dr. Roman Duelli, Leiter des Studiendekanats, „wir fangen also nicht bei null an.“
Studierende wünschen sich mehr Wahlfreiheit
Auch die studentischen Vertreter sind von dem neuen Konzept überzeugt. Pia Frey, derzeit im 9. Semester und in der Fachschaft engagiert, und Sarah Schnee, 7. Fachsemester und studentische Vertreterin im Fakultätsrat, haben in Zusammenarbeit mit dem Studiendekanat eine Umfrage unter 800 Medizinstudierenden durchgeführt. Das Ergebnis war deutlich: Mehr als 60 Prozent wünschten sich mehr Wahlfreiheit und weniger Pflichtveranstaltungen. „Wenn man schon früh weiß, für welche Disziplin das Herz schlägt, ist es sinnvoll, die Ressourcen in Heidelberg mit exzellenten Leistungen in Klinik und Forschung zu nutzen.“
Bevor die ersten „Tracks“ als Pilotprojekte an den Start gehen, steht noch jede Menge Entwicklungsarbeit an. Es müssen zusätzliche Zeitfenster geschaffen werden, die für alle klinischen Studierenden frei von Pflichtveranstaltungen sind. Denn nur so können die Studierenden den gewählten Stoff ohne zusätzliche Mehrbelastung vertiefen. Duelli: „Auch ihr Tag hat schließlich nur 24 Stunden.“
Heike Duerr
HeiCuMed: Heidelberger Curriculum Medicinale
Seit 2001 legt das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) die Lehrinhalte, Übungsformen und Methoden für das Studium der Humanmedizin in Heidelberg fest. Das Konzept wird laufend inhaltlich überarbeitet und an gesetzliche Vorgaben angepasst, modernste Lehrmethoden werden integriert. Die wichtigsten Bausteine sind Praxisnähe, modularer Aufbau, ein fächerübergreifender und forschungsorientierter Ansatz sowie die Möglichkeit für Auslandssemester. Im Curriculum verankerte Freiräume bieten den Studenten die Möglichkeit, sich bereits während des Studiums in Forschungsprojekten zu engagieren – was oft zu einer Dissertation führt. Um Promovierende bei der Durchführung einer medizinischen Doktorarbeit zu unterstützen, wurde vor zweieinhalb Jahren das MEDISS-Programm ins Leben gerufen. Hier entsteht derzeit unter der Leitung von Dr. Nora Zingler ein fakultätsweites, verpflichtendes Promotionsprogramm, das neben fachspezifischen Kursen auch verschiedene Seminare und Vorträge beinhalten wird. Synergien zwischen dem Promotionsprogramm und den neuen Wahlpflichtbereichen sind ausdrücklich erwünscht.
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