Lasker Award-Preisträger Professor Dr. Ralf Bartenschlager: Vom Polizisten zum weltweit anerkannten Virusforscher
Professor Dr. Ralf Bartenschlager, seit 2002 Leiter der Abteilung für Molekulare Virologie am Zentrum für Infektiologie an Klinikum und Medizinischer Fakultät, wurde im September für seine Forschungsarbeiten zum Hepatitis C-Virus mit dem Lasker Award für klinisch-medizinische Forschung ausgezeichnet. Der Award ist die höchste medizinisch-wissenschaftliche Auszeichnung in den USA und gilt auch als inoffizieller „amerikanischer Medizin-Nobelpreis“. Der 1958 in Mannheim geborene Wissenschaftler, der seit 2014 auch den Forschungsschwerpunkt Infektion, Entzündung und Krebs am Deutschen Krebsforschungszentrum leitet, erhielt den Preis am 23. September 2016 in New York gemeinsam mit seinen Kollegen Professor Charles Rice, Rockefeller University, New York, und Dr. Michael Sofia, Arbutus Biopharma, USA. Der Award, den die New Yorker Lasker-Foundation jährlich in drei Kategorien vergibt, ist mit 250.000 US-Dollar dotiert. 1999 gelang es der Arbeitsgruppe um Ralf Bartenschlager erstmals, das Hepatitis C-Virus im Labor in leicht veränderter Form in Leberzellen zu vermehren. Mit diesem Zellkultursystem war die Voraussetzung für die Entwicklung hochwirksamer Medikamente geschaffen. Heute ist bei mehr als 95 Prozent der Patienten mit chronischer Hepatitis C eine Heilung möglich.
Werden Sie zukünftig nervös, wenn das Karolinska-Institut in Stockholm im Oktober die Nobelpreisträger für Physiologie/Medizin bekannt gibt? Zahlreiche Lasker Award-Preisträger erhielten schließlich später auch den Nobelpreis.
Nein, ich bleibe weiter recht entspannt. Ob es nach dem Lasker Award irgendwann noch den Nobelpreis für die Hepatitis C-Forschung geben wird, ist für mich kein Thema. Der Lasker Preis steht für sich und braucht keinen Vergleich. Ich konzentriere mich lieber auf meine Arbeit. Außerdem gibt es so viele spannende Themen in der Medizin, dass es für jedes Preiskomitee nicht einfach ist, überhaupt eine Wahl zu treffen. Dieses Jahr hätte ich z.B. mehr mit einem Preisträger aus der Genomforschung gerechnet als mit dem japanischen Biologen Yoshinori Ohsumi, der für seine Arbeiten zu Abbau- und Recyclingprozessen in Zellen geehrt wurde, die ebenfalls faszinierend und relevant zugleich sind.
Wie und wo haben Sie erfahren, dass Sie den Lasker Award erhalten?
Ich saß in meinem Büro am Schreibtisch, als ich auf einmal eine E-Mail der Lasker-Stiftung im Posteingang hatte. Das war Mitte Juli, also zwei Monate vor der Preisverleihung in New York. Danach fuhr ich erst mal mit meiner Familie nach Kreta in Urlaub. Den hätte ich mir allerdings ein wenig anders vorgestellt.
Wieso? Was war passiert?
Es verging kein Tag ohne Presseanfrage oder Kontakt zur Lasker-Stiftung. Zum Glück hatte das Hotel sehr gutes WLan, denn mit mehreren Editoren von Fachzeitschriften und Zeitungen musste ich Skype-Interviews führen. Ich konnte den Urlaub trotzdem genießen. Erstens arbeitete ich die Medienanfragen meistens am Abend ab und zweitens erhält man so eine Auszeichnung ja auch nur einmal im Leben.
Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?
Die Auszeichnung ist natürlich eine große Anerkennung für mich, meinen Kollegen Volker Lohmann und das gesamte Team. Genauso überwiegt aber auch die Freude, dass wir mit unserer Grundlagenforschung einen entscheidenden Beitrag für die Entwicklung hochwirksamer Medikamente leisten konnten und damit Millionen von Menschen geheilt werden können.
Sie haben 1977 zuerst eine Ausbildung zum Polizisten gemacht, dann an der Polizeiakademie eine Laufbahn für den gehobenen Dienst eingeschlagen. Ab 1981 haben Sie in Heidelberg Biologie studiert – wie kam es zu diesem doch recht ungewöhnlichen Karrieresprung?
Biologie zu studieren war schon immer mein Traum. Nach dem Abitur war das aber aus finanziellen Gründen nicht möglich. Ich hatte Interesse am Polizeiberuf und da man damals nach drei Jahren bei der Polizei nicht mehr zum Wehrdienst musste, wurde ich Polizist. Die Arbeit war eine echte Erfahrung für mich und ich habe sehr viel fürs Leben gelernt – ob auf Streife, im Einsatz bei Demonstrationen oder später bei verschiedenen Polizeidezernaten wie etwa der Mordkommission oder dem Wirtschaftskontrolldienst. Besonders in Erinnerung blieb mir meine Zeit bei der Wasserschutzpolizei, da sind wir auf dem Rhein rumgeschippert, haben Wasserproben genommen und andere Schiffe kontrolliert. 1981 kündigte ich dann bei der Polizei und fing mit dem Biologiestudium an.
Ab wann war Ihnen klar, dass Sie das Hepatits C-Virus erforschen möchten?
Das war 1991 bei meinem Wechsel zu Roche in die Pharmabranche. Zwei Jahre zuvor wurde das Hepatitis C-Virus erstmals überhaupt beschrieben. Davor sprach man bei Infektionen mit dem noch unbekannten Erreger immer von einer „NonA-NonB“ Hepatitis. Mit der Entdeckung des Virus war abzusehen, dass es eine hohe medizinische Relevanz hat und man dagegen mit einer Therapie vorgehen kann.
Und wann wussten Sie, dass Ihnen der Durchbruch gelungen war?
Zuerst wusste es mein Doktorvater und Mentor Prof. Heinz Schaller. Ihm habe ich als erstes von unserer Forschung erzählt und er vermutete sofort, dass die Ergebnisse einschlagen würden wie eine Bombe. Es war mir schon klar, dass die Ergebnisse wichtig sind, aber in dieser Form hatte ich es nicht erwartet. Als die Arbeit dann in einem Journal veröffentlicht wurde, gab es unzählige Anfragen aus der akademischen Forschung und der Industrie. Jeder wollte das Zellkultursystem nutzen, um damit Medikamente gegen Hepatitis C zu entwickeln. Spätestens da wusste ich, dass Heinz Schaller Recht hatte.
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