Alle Wege führen in das Zentrallabor (Innere Medizin I und Klinische Chemie), zumindest auf dem Klinikumscampus im Neuenheimer Feld. Über ein Rohrpostsystem von insgesamt 30 Kilometer Länge gelangen täglich 2.000 Transportbehälter mit Blutproben aus den Kliniken in das Gebäude zwischen Verwaltung und Klausenpfad – wohl kaum ein Fachbereich, der ohne Blutuntersuchung für Diagnose und Therapie auskommt. Dazu kommen Einsendungen aus insgesamt zehn Krankenhäusern der Region – jährlich untersuchen Laborleiter Markus Zorn und seine Mitarbeiter somit 1,8 Millionen Blutproben. Zum Glück müssen nur noch die wenigsten Schritte per Hand erledigt werden – den größten Teil übernimmt eine Laborautomation, an der neun Analysegeräte über ein 60 Meter langes Transportband im Kreis miteinander verbunden sind.
Nach zehn Jahren Einsatz wurde im Sommer letzten Jahres eine neue Anlage installiert – und zwar im laufenden Betrieb. Eine große Teamleistung der 25 Mitarbeiter, die während der 14-tägigen Umbauphase jeden Schritt von Hand erledigen mussten, ohne die Analytik zu sehr zu verlangsamen. Mittlerweile läuft der Betrieb sprichwörtlich wie am Fließband: 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr ist die Automation im Einsatz. Sie ermöglicht standardisierte und schnelle Abläufe, spart Kosten und erleichtert das Nachfordern bestimmter Werte. Nach dem Umbau – der besten ‚Teambuilding-Maßnahme‘, die Markus Zorn je durchgeführt hat – zeigte uns der Laborleiter, welchen Weg durch das Zentrallabor das Blut bei der Analyse durchläuft.
Der ‚Weg‘ des Blutes: Von der Blutentnahme bis zum medizinischen Befund
Nachdem der Arzt oder das Pflegepersonal in Ambulanz oder Station dem Patienten Blut abgenommen hat, werden die Blutröhrchen (Monovetten) per Rohrpostanlage ins Zentrallabor versendet. Insgesamt gibt es in den Kliniken im Neuenheimer Feld 76 Stationen zum Absenden der Blutproben und 86 verschiedene Linien.
Nach drei bis acht Minuten kommt die Blutprobe mit der Rohrpostanlage im Zentrallabor an
Kerstin Lukesch, Medizinische Fachangestellte, nimmt die Rohrbomben am ‚Eingangsbahnhof‘ in Empfang: Dort kommen täglich bis zu 2.000 Rohrpostsendungen aus dem gesamten Klinikum an, zu Spitzenzeiten – z.B. am frühen Morgen, wenn auf vielen Stationen die Blutentnahmen stattfinden – sind es weit über 100 in wenigen Minuten. Am meisten angefordert werden Blutbild, der Nierenfunktionswert Kreatinin, die Elektrolyte Magnesium, Kalium, Kalzium sowie der Entzündungsparameter CRP. Die längste Strecke, die zurückgelegt werden muss, führt von der Chirurgischen Klinik ins Zentrallabor. Für die drei Kilometer braucht der Transportbehälter sechs bis acht Minuten. Den kürzesten Weg hat eine Probe, die in der Kopfklinik startet: Nach dreihundert Metern und drei Minuten ist das Röhrchen am Ziel.
Den Anfang der automatisierten Laborstraße macht der ‚Schüttsortierer‘
Kerstin Lukesch gibt die Proben in den Schüttsortierer, in dem ein Scanner jedes Röhrchen – darauf klebt ein Barcode mit allen wichtigen Informationen wie Name, Geburtsdatum, zu untersuchende Werte – zweifelsfrei einem Patienten zuordnet. Welche Werte kontrolliert werden sollen, haben Arzt oder Pflegepersonal auf der Station über das elektronische Lauris-System zuvor bereits eingegeben. Der Schüttsortierer stellt die Probe aufrecht auf ein Transportband, die Reise über die automatisierte Bandanlage beginnt.
Erst zentrifugieren, dann analysieren
Nach wenigen Metern gelangen die Blutröhrchen zur automatischen Zentrifugation. Hier werden die Bestandteile des Blutes im Hinblick auf spätere Analysen in feste und flüssige Anteile getrennt. Der Vorgang, bei dem die Röhrchen bei 3.900 Umdrehungen pro Minute im Kreis geschleudert werden, dauert zehn Minuten. Anschließend werden die Proben decappt – d.h. der Deckel wird automatisch entfernt – und wieder auf das Transportband gesetzt. Die Fahrt zu den verschiedenen Analysegeräten beginnt.
Pipetten ziehen die notwendige Menge Blut automatisch in das Gerät
Äußerst effektiv: Das Blutröhrchen verschwindet nicht komplett in dem jeweiligen Gerät, sondern ‚parkt‘ an der Außenseite, wo eine Pipette die notwendige Menge Blut – z.B. 100 µl für die Gerinnung – aufnimmt.
Während das Gerät umgehend mit der Analyse beginnt, fährt das Röhrchen auf dem Band bereits weiter. Theoretisch gelangt eine Probe so in nur zehn Minuten an alle Geräte.
Die Analyse beginnt
Eines der Analysegeräte am Transportband dient der Gerinnungsdiagnostik. MTLA Sabrina Krautheimer setzt neue Reagenzien in das Gerät ein. Diese chemischen Stoffe reagieren mit dem Blut und sorgen so für eine Reaktion, z.B. eine charakteristische Fällung oder Farbänderung.
Anhand der Reaktion kann man das Ergebnis des Blutwertes, in diesem Fall handelt es sich um die Gerinnungsparameter Quick, INR oder PTT, bestimmen.
Ausnahmefall: Die Probe wird in Sekundärgefässe umgefüllt
Für nicht alle Werte, die von den Kliniken nachgefragt werden, gibt es an der automatisierten Bandanlage ein eigenes Gerät. Die meisten dieser ‚Spezialanforderungen‘ wie z.B. Rheumaserologie oder Autoimmunologie können trotzdem im Zentrallabor bestimmt werden. Dafür wird das Blut an einer ‚Umfüll‘- (Aliquotierungs-) Anlage aus dem Ursprungsröhrchen in ein zweites Röhrchen umpipettiert, das dann aus dem Transportband aussortiert und von den Mitarbeitern per Hand in das direkt nebenan liegende Labor mit den Spezialgeräten gebracht wird. Blutproben zum Nachweis von bestimmten Viren oder Bakterien werden im Zentrum für Infektiologie untersucht. Für nur noch ganz wenige Werte müssen Proben an Labore außerhalb des Klinikums vergeben werden.
Probe wird versiegelt und kommt für bis zu vier Tage ins Kühlarchiv
Sobald das Blutröhrchen alle Geräte abgefahren hat und dort bereits die Analyse der Werte beginnt, landet es am Ende des Kreisverkehrs an einer ca. drei Meter großen Kühlanlage, an der es zuerst versiegelt und dann mit hunderten anderen Röhrchen bei sechs bis sieben Grad Celsius eingelagert wird. Der Kühlschrank bietet Platz für insgesamt 15.000 (Rest-) Blutproben, die für vier Tage archiviert werden. Sobald ein Wert nachbestimmt werden muss – die Nachforderung wird direkt auf der Station von Arzt oder Pfleger am PC eingegeben – findet das System automatisch das richtige Röhrchen im Kühlschrank, entsiegelt es und fährt es zu dem entsprechenden Gerät. Täglich kommt es zu 200 solcher Nachforderungen. Werte, die rein technisch nicht mehr nachgefordert werden können, weil sie z.B. wie die Gerinnungsdiagnostik nach einigen Stunden verfallen, werden am PC automatisch blockiert und können so nicht mehr eingegeben werden. In diesem Fall ist eine neuerliche Blutentnahme erforderlich.
Der letzte Schritt: Technische und Medizinische Überprüfung der Werte
Nach höchstens 80 Minuten, im Notfall auch wesentlich schneller, sind alle angeforderten Werte bestimmt. MTLA Sabine Gorzitze unterzieht diese am Bildschirm einer ersten Überprüfung: Wie sieht der Vergleich mit dem vorherigen Befund aus? Können technische Messfehler ausgeschlossen werden? Welche Werte erfordern eine umgehende Information der zuständigen Abteilung, auf der sich der Patient befindet? Anschließend überprüft der Laborarzt nochmals alle Werte und gibt den Gesamtbefund für die Kliniken frei. Dort erscheinen die Ergebnisse im System und können einfach am PC nachgeschaut werden.
Der Ort des Geschehens: Das Zentrallabor
Im Zentrallabor zwischen Verwaltung und Klausenpfad arbeiten 25 Mitarbeiter. Nur noch die wenigsten Schritte müssen per Hand erledigt werden – den größten Teil übernimmt eine Laborautomation, an der neun Analysegeräte über ein 60 Meter langes Transportband im Kreis miteinander verbunden sind. Die Anlage ist 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr im Einsatz.
Autor: Christian Fick